Eine Frage der Moral -
Business Schools und die Lehre aus der Krise
"Also ich glaube, es wäre absolut falsch zu behaupten, dass die Business Schools bei diesem Fiasko keinen Beitrag geleistet haben. Sie sind sicher ein Teil der Krise, auf der anderen Seite gibt's da schon einen großen Umdenkprozess." Prof. Christopher Jahns, Präsident der European Business School in Wiesbaden und Oestrich-Winkel gibt sich selbstkritisch. Schließlich sind viele derer, die für die Finanzkrise verantwortlich waren, an einer der zumeist privaten Kaderschmieden ausgebildet worden. Katharina Wagner wiederum ist noch keine Managerin. Aber sie will eine werden.
"Es kann keiner bestreiten, dass da Habgierigkeit und Gier dahinter gesteckt hat, nur ich glaube nicht, dass Business Schools diese Werte anerziehen, sondern Personen diese Werte für sich entscheiden. "
Katharina Wagner studiert an er WHU Otto Beisheim School of Management in Vallendar bei Koblenz und macht nächstes Jahr ihren Master of Business Administration. Für die Ausbildung bezahlt sie über 30.000 Euro im Jahr. Einen Teil dafür bringt sie aus ihrem Ersparten auf, den Rest finanziert sie über einen Kredit.
"Sicherlich hoffe ich mich etwas zu verbessern zu dem Gehalt, was ich davor hatte, aber das wird kein Hauptkriterium sein, nur Profit zu maximieren, sondern es geht darum, seine Ideen umzusetzen und seinen Wünschen zu folgen und auch Verantwortung zu übernehmen und ein "ehrbarer Kaufmann" zu sein."
Das teilweise Eingeständnis der sogenannten "Business Schools", eine Mitschuld an der Krise zu haben, scheint wenig überzeugend. Schließlich ist ein privatisiertes Bildungssystem Produkt einer Ideologie, die alle öffentlichen Dienstleistungen und Aktivitäten der Gesellschaft in ökonomische und handelbare Güter umwandeln will. Ebenso wie Hedgefondsmanager und Bankiers, die mit öffentlichen Gütern handeln, die eigentlich niemandem gehören dürften (z.B. mit Patenten für Gene von Lebewesen, die öffentliche Wasserversorgung oder die Bildung der Bevölkerung).
"Das sind einfache kleine Beispiele wie zum Beispiel Nachhilfe für Migrantenkinder in Koblenz und Umgebung oder größere Aktionen, wo Spendengelder gesammelt werden und nach Afghanistan in ein Krankenhaus gespendet werden."
Zu viele Studierende schaffen sich neben dem Studium sogenannte Soft-Skills an, ohne in irgendeiner Weise davon überzeugt zu sein, wofür sie sich "einsetzen". Das Engagement in sozialen Vereinen, Umweltorganisationen oder anderweitig als gemeinnützig anerkannten Institutionen wird dann lediglich als Pflicht auf dem "Weg nach oben" durchgeführt. Zwar kann ein solches Engagement helfen, ein Problembewußtsein zum Beispiel für Ungerechtigkeiten zu schärfen, nutzt in diesem Sinne aber nur dann wirklich etwas, wenn es von Diskursen und dem Verständnis gesellschaftlicher Zusammenhänge flankiert wird.
"Uns hat es - ich sag es mal wirklich - angekotzt, dass es von Beginn an immer so ist, dass ein Nachlaufen nach Credit Points geschehen muss und die Studenten da auch viel zu gestresst sind, deswegen haben wir ein Programm aufgebaut, wo wir den Studenten in Form von Credit Points Zeit geben, im Rahmen ihres Studiums was gänzlich anderes zu tun, und wir wollen das auch nicht genau wissen, was, es soll mit der Gesellschaft zu tun haben."
Soziales Engagement schön und gut, doch damit würden die künftigen Manager nicht zu verantwortungsvolleren Entscheidern, meint dagegen der Wirtschaftsethiker Josef Wieland aus Konstanz. " Wie kriegen wir den Faktor Ethik in die Kernprozesse des Geschäfts rein, denn da wird ja die Sache entschieden, und ich glaube, eine ganz wesentliche Idee, die man dabei fallen lassen muss, ist, dass das Erzielen von Gewinn und das moralische Verhalten ein Widerspruch sind, weil wenn Moral immer nur als Abzug vom Einkommen, als Blockade von Geschäft daher kommt, dann hat das keine Chance."
Der zitierte Herr Wieland aus Konstanz pervertiert das Konzept der Softskill-Moral noch ein wenig, in dem er sagt, mit ethischem Handeln könne man auch ökonomisch erfolgreich sein. Er hat zwar in gewisser Weise Recht, daß z.B. ein Unternehmen, das Windkraftanlagen herstellt, derzeit besser aufgestellt ist als eines, das Atomkraftwerke herstellt. Jedoch materialisiert er mit dieser Aussage "die Ethik". Ethisches Denken und Handeln darf aber nicht materiell gesehen werden, sondern muß als Grundvoraussetzung von jedem einzelnen Menschen und jedem Unternehmen bedingungslos eingefordert werden. Nur weil man durch "Gutes tun" Geld verdienen kann, soll dies nicht die Motivation sein.
"Ja, das halte ich für sehr schlecht, weil eine Vorlesung für Unternehmensethik, das ist, irgendwie so, da geh ich hin wie in die Kirche am Sonntag. Was man tun muss ist, dass man die ethischen Themen, die wissenschaftstheoretischen Themen, die Themen der Philosophie in das gesamte Currriculum einpflegt. Also der Finance-Professor redet über finanzielle Restrukturierung von Unternehmen, und der Praktische-Philosophie-Professor ist mit im Klassenzimmer und dann werden Fälle besprochen." Fälle, in denen es Zielkonflikte gibt. Etwa zwischen Gewinnerwartungen der Aktionäre und der Verantwortung für die Mitarbeiter.
"Ich bin davon überzeugt, dass ich das anders machen werde als diese Menschen, und einfach nach dem handeln werde, was ich verinnerlicht habe und den Werten, die ich für richtig halte."
Grund zum Zweifel läßt vor allem die Aussage aus dem Mund einer Studentin, die sich bewußt für ein sehr teures Studium entschieden hat, um sich wie oben argumentiert, ein sattes Gehalt in der Zukunft zu erwirtschaften.
Wir meinen: Immerhin denken die hier dargestellten privaten Universitäten selbstkritisch darüber nach, welchen Anteil sie an den katastrophalen Zuständen in unserem geliebten Turbokapitalismus haben. Leider sind sie selber Teil dieses pervertierten Wirtschaftssystems und entspringen einer zutiefst elitären und sozial ignoranten Ideologie. Wirkliche Revolutionen sind von dieser Seite also nicht zu erwarten, eher kleine Schönheitskorrekturen um das bestehende System zu den eigenen Gunsten zu retten.
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